Sandro - Alexander Prinz von Battenberg. Ein europäisches Schicksal

Stiftung Heiligenberg-Jugenheim

Stiftung Cennosti

mit der finanziellen Unetrstützung der Gemeinde der Stadt Sofia

Europa im 19. Jahrhundert

Von der Friedenspolitik zur Kriegspolitik Als Alexander Prinz von Battenberg 1857 geboren wurde, hatte die nachnapoleonische Friedensordnung, wie sie auf dem Wiener Kongress 1814 – 1815 festgelegt worden war, bereits keinen Bestand mehr. Nach einer längeren Friedensphase führten die europäischen Großmächte wieder Krieg gegeneinander.

Russland unterlag im Krimkrieg von 1853 – 1856, weil Frankreich und Großbritannien militärisch auf Seiten des Osmanischen Reichs eingriffen, und Österreich wegen Kriegsdrohungen gegenüber dem Zarenreich russische Streitkräfte band. Ziel der Siegermächte war es, eine Expansion Russlands auf dem Balkan und am Bosporus zu verhindern.

1859 kämpften Österreich und Frankreich im Sardinischen Krieg um die Vorherrschaft in Nord­ italien. Das Habsburger Kaiserreich unterlag. Alexanders Vater, Alexander Prinz von Hessen und bei Rhein, nahm an diesem Krieg in österreichischen Diensten teil. 1866 bekriegten sich Preußen und Österreich um die Vormachtstellung im Deutschen Bund. Preußen und seine Verbündeten siegten. Auch im Deutschen Krieg stand Alexanders Vater auf Seiten der Verlierer. Der Deutsch­Französische Krieg 1870/71 endete mit der Kapitulation Frankreichs. Das nach dem Krieg neu geschaffene Deutsche Reich wurde als konstitutionelle Monarchie gegründet. Die Niederlage und die Proklamation des deutschen Kaisers in Versailles wurden in Frankreich als nationale Schande empfunden.

Wichtige Termine in der Tabelle

1815 Wiener Kongress: Europäische Nachkriegsordnung

1853 – 1856 Krimkrieg: Russland – Osmanisches Reich, Frankreich und Großbritannien

1859 Sardinischer Krieg: Österreich – Frankreich

1866 Deutscher Krieg: Preußen – Österreich

1870/71 Deutsch-Französischer Krieg

18. Januar 1871 Reichsgründung/Proklamation deutscher Kaiser Wilhelm

Texte zu den Bildern und Gemälden

Alexander Prinz von Hessen und bei Rhein, Sandros Vater

Wiener Kongress 1814 – 1815

Krimkrieg, Schlacht um Balaklava und die rote Linie, 25. Oktober 1854

Sardinischer Krieg – Die Schlacht von Solferino, 24. Juni 1859

Proklamierung des deutschen Kaiserreichs, 18. Januar 1871

Kindheit und Jugend

Der Heiligenberg

Alexander Josef Prinz von Battenberg, Sandro gerufen, wurde am 5. April 1857 in Verona als drittes Kind des Prinzen Alexander von Hessen und bei Rhein und Julia Hauke geboren. Seine Taufpaten waren sein Onkel, Zar Alexander II., und Feldmar¬ schall Josef von Radetzky. Sandros Vater war Sohn des hessischen Großherzogs Ludwig II. und Bruder der Zarin Maria. Er war mit ihr nach Russland gegangen. Dort hatte er Julia kennengelernt. Sie war ihm standesgemäß nicht ebenbürtig. Beide verließen Russland und heirateten morgana tisch.

Großherzog Ludwig III. verlieh Julia 1851 den Namen und Titel Julie Gräfin von Battenberg und erhob sie 1858 zur Prinzessin. Sandro und seine Geschwister hatten ihren Namen zu tragen und wurden aus der großher¬ zoglichen Thronfolge ausgeschlossen.

Sandros Vater war österreichischer Offizier. 1862 kehrte die Familie nach Hessen zurück. Im Winter wohnte sie in Darmstadt und den Rest des Jahres auf dem Heiligenberg in Jugenheim, wo Sandros Großmutter, Großherzogin Wilhelmine, ein Hofgut zu ihrer Sommerresidenz hatte ausbauen lassen. In Erinnerung an ihre Kindheit zog es Zarin Maria dorthin zurück.

Ab 1864 kam sie wiederholt, auch mit ihrem Mann und ihren Kindern. Gekrönte Häupter machten dem Zaren während seines Aufenthalts ihre Aufwar¬ tung. Der Heiligenberg wurde zu einem Treffpunkt des Hoch adels. In diesem illustren Umfeld wuchs Sandro von seinem fünf¬ ten bis zum dreizehnten Lebens jahr auf. Nach seinem Hausunterricht besuchte er das gymnasiale Pädagog in Darmstadt. Danach wechselte er auf das Internat der Salzmannschule in Schnepfenthal bei Gotha.

Wichtige Termine in der Tabelle

05. April 1857 Geburt von Alexander Prinz von Battenberg in Verona ab 1862 Die Familie wohnt in Darmstadt und auf dem Heiligenberg

1865 – 1869 Hausunterricht durch Dr. Heinrich Hager

1869 – 1870 Pädagog in Darmstadt (heute Ludwig-Georg-Gymnasium

1870 – 1873 Bis Abitur: Salzmannschule Schnepfenthal, Thüringen

Texte zu den Bildern und Gemälden

Familie Battenberg um 1870, v.l.n.r.л stehend: Marie, Vater Alexander Prinz von Hessen und bei Rhein, Ludwig, Sandro; sitzend: Franz Joseph, Mutter Julie von Battenberg, Heinrich

Sandro im Schulkindalter

Schloss Heiligenberg nach dem Ausbau 1867

Dr. Heinrich Hager, Sandros Erzieher auf dem Heiligenberg

Sandro, ca. 5 Jahre

Sandro, ca. 3 Jahre

Sandro, ca. 4 Jahre

Sandro, ca. 10 Jahre

Militärische Ausbildung

Laufbahn zum Offizier

An der Salzmannschule beendete Sandro seine Schulausbildung. Die Reformschule war 1784 von Christian Gotthilf Salz¬mann gegründet worden. Bedeutende Persönlichkeiten wie beispielsweise der Geograph Carl Ritter hatten die Schule besucht. Als Sechszehnjähriger begann Sandro 1873 seine zweijährige militärische Ausbildung im Kadettenkorps in Dresden. Im April 1875 wurde er Leutnant im 2. Großherzoglich¬Hessischen¬Leib¬ Dragoner-Regiment Nr. 24. Einige Monate war er an der Kriegsschule in Kassel, bevor er nach Darmstadt zurückkehrte. Im Jahre 1877 berief sein Onkel, Zar Alexander II., Sandro mit der Erlaubnis seines Regimentschefs in Darmstadt und des deutschen Kaisers Wilhelm I. in den Stab des russischen Generals Gurko ins Hauptquartier des Zaren. Hier nahm er am Russisch-Osmanischen Krieg 1877/1878 teil. Nach Kriegsende wechselte Sandro als Generalmajor in das Königlich¬Preußische Regiment „Garde du Corps“ in Potsdam.

Wichtige Termine in der Tabelle

1873 – 1875 Militärische Ausbildung im Kadettenkorps Dresden

ab April 1875 Leutnant im 2. Großherzoglich-Hessischen- Leib-Dragoner-Regiment Nr. 24

1878 Generalmajor im Königlich-Preußischen Regiment „Garde du Corps“

Texte zu den Bildern und Gemälden

Sandro als Leutnant im 2.GroßherzoglicHessischenLeib-Dragoner-Regiment Nr. 24 Sandro in Königlich-Sächsischer Kadettenuniform

Salzmannschule in Schnepfenthal um 1843

Kadettenschule in Dresden

Sandro als Generalmajor beim Königlich-Preußischen Regiment „Garde du Corps”

Meldekarte aus Kassel 12. Jun ibis 12. November 1875

Der Balkan

Eine permanente Gefahr für den Frieden in Europa

Während Alexanders Kindheits¬ und Jugendjahren verschoben sich die Machtverhältnisse in Europa. Mit dem Deutschen Reich entstand inmitten des Kontinents eine neue Großmacht. Russland, Großbritannien und Frankreich rangen um Einfluss im östlichen Mittelmeer. Österreich, aus Deutschland und Italien hinausgedrängt, richtete sein Engagement auf den Balkan aus, wo es mit Russland in Konflikt geriet.

Die seit fast einem halben Jahrtausend währende osmanische Herr schaft in Südosteuropa zerfiel. „Der kranke Mann am Bosporus“ kämpfte gegen Unabhängigkeits¬ bewegungen und führte Kriege gegen Russland, das sich als Schutzmacht der orthodoxen Christen und der slawischen Völker auf der Balkanhalbinsel verstand, vornehmlich aber territoriale Interessen und Einfluss in dieser Region verfolgte. Am 20. April 1876 erhoben sich die Bulgaren gegen das „Osmanische Joch“. Den Aufstand schlugen die Osmanen mit großer Brutalität nieder. An der Zivilbevölkerung wurden Gräueltaten verübt. In Russland wurde ein militärisches Ein¬ greifen gefordert.

Am 24. April 1877 erklärte der Zar dem Osmanischen Reich den Krieg. Die russische Armee rückte unter großen Verlusten bis in die Nähe von Konstantinopel vor. Ein weiterer Vormarsch hätte zur Auseinandersetzung mit Großbritannien geführt, dessen Mittelmeerflotte einsatzbereit im Marmarameer lag.

Auf einem der Kriegsschiffe tat Sandros Bruder Ludwig Dienst, der mit 14 Jahren in die britische Marine eingetreten war. Ende Januar 1878 musste der Sultan Russland um Waffenstillstand bitten.

Wichtige Termine in der Tabelle

April 1876 Bulgarischer Aufstand gegen die Osmanen

24. April 1877 Russland erklärt dem Osmanischen Reich den Krieg

1877 – 1878 Teilnahme Sandros am Russisch-Osmanischen Krieg

Texte zu den Bildern und Gemälden

Sandro (rechts sitzend) in Russisch-Osmanischen Krieg in Gorna Studena (Veliko Tărnovo) 1877

Sandro (3. von rechts) im Russisch-Osmanischen Krieg in Gorna Studena (Veliko Tărnovo) am Zelt mit General Gurko

General Josef Gurko, russischer General und Sandros Kommandant

Sandro im Russisch-Osmanischen Krieg in Gorna Studena (Veliko Tărnovo) 1877

1877 – 1878 Teilnahme Sandros am Russisch-Osmanischen Krieg

Die Orientalische Frage

Der Diktatfrieden von San Stefano

Das Osmanische Reich entstand Anfang des 14. Jahrhunderts in Kleinasien. Bis Ende des 15. Jahrhunderts hatten die Osmanen die gesamte Balkan¬ halbinsel unterworfen. 1683 leitete die Niederlage vor Wien das Ende der Expansion im Westen ein. In Folge erlitt das Reich eine Reihe von Niederlagen und wurde zurückgedrängt. In den Provinzen kam es zu Aufständen gegen die osmanische Herrschaft. Für Russland bot sich dadurch die Möglichkeit, seine Macht in Südosteuropa auszubauen, um einen freien Zugang zum Mittelmeer zu gewinnen.

Zur Freude seines Onkels Zar Alexander II. nahm Sandro freiwillig auf russischer Seite am Krieg gegen die Osmanen 1877/78 teil. Über die Gewaltverbrechen, die von beiden Kriegsparteien verübt wurden, war Sandro entsetzt. Unvorsichtigerweise berichtete er seinem Vater davon, und auch über die ungeordneten Zustände in der russischen Armee. Von dem Schreiben erhielt der russische Thronfolger und zukünftige Zar Alexander III. Kenntnis. Für ihn war das eine Beleidigung Russlands. Dies dürfte der Anfang seiner Abneigung gegenüber Sandro gewesen sein.

Am 3. März 1878 diktierte Russland dem Osmanischen Reich in San Stefano harte Friedensbedingungen. Die Osmanen mussten große Gebietsverluste hinnehmen und einem vom Schwarzen Meer bis fast zur Ägäis reichendem Großbulgarien unter russischer Besatzung zustimmen. Eine solch große Erweiterung der russischen Einflusssphäre auf dem Balkan ließen England, Frankreich und Österreich nicht zu. Es be¬ stand die Gefahr eines erneuten Krieges gegen Russland. Man entschied sich, den Konflikt auf diplomatischem Wege zu lösen. Berlin wurde als Konferenzort gewählt. Das Deutsche Reich verfolgte keine territorialen Interessen auf dem Balkan und Reichskanzler Bismarck bot sich als „ehrlicher Makler“ an.

Wichtige Termine in der Tabelle

Anfang 14. Jhd Entstehung des Osmanischen Reichs

Ende 17. Jhd. Größte Ausdehnung des Osmanischen Reichs in Südosteuropa

April 1876 Bulgarischer Aufstand gegen die osmanische Herrschaft

1877/1878 Russisch-Osmanischer Krieg

03. März 1878 Frieden von San Stefano

Texte zu den Bildern und Gemälden

Zar Alexander II. empfängt den verwundeten osmanischen Oberbefehlshaber Osman Pascha nach der Schlacht von Pleven, Gemälde von Nikolai Dmitriev-Orenburgsky

Balkanaufteilung nach dem Friedensvertrag von San Stefano

Unterzeichnung des Friedensvertrags von San Stefano

Der Berliner Kongress 1878

Neuordnung auf dem Balkan

Am 13. Juni 1878 traten Diplomaten aus Deutschland, Russland, Großbritannien, Frankreich, Österreich, Italien und dem Osmanischen Reich in Berlin zusammen, um über die Neuordnung des Balkans zu entscheiden. Griechenland, Rumänien und Serbien waren vertreten, hatten aber kein Stimmrecht. Der Friedensvertrag von San Stefano wurde zu Ungunsten Russlands revidiert. Das nach der osmanischen Niederlage von Russland erschaffene Großbulgarien wurde aufgeteilt in ein unter russischer Verwaltung stehendes Fürstentum, das dem Osmanischen Reich tributpflichtig war, und eine südliche osmanische Provinz Ostrumelien.

Das Ergebnis war für die Bulgaren eine Enttäuschung und für die Russen eine Demütigung. Den Bulgaren wurde die nationale Einheit verwehrt, und Russland ein Großbulgarien unter russischer Kontrolle. Der Zar machte dafür Bismarck verantwortlich. Die Beziehungen zwischen dem Deutschen Reich und Russland verschlechterten sich merklich. Der Berliner Vertrag ignorierte nationalstaatliche Bestrebungen auf dem Balkan. In der Folgezeit sollte er ein dauerhaftes Konfliktpotenzial für Europa bergen. Der Monarch des neuen Fürstentums Bulgarien sollte von der bulgarischen Volksversammlung gewählt werden. Die europäischen Großmächte mussten zustimmen und es durfte kein Mitglied der regie¬ renden Häuser der europäischen Großmächte sein. Sandros Vater brachte bei seinem Schwager, Zar Alexander II., seinen Sohn als Kandidaten ins Gespräch.

Wichtige Termine in der Tabelle

13 Juni – 12 Juli 1878 Berliner Congress

Texte zu den Bildern und Gemälden

Berliner Kongress im Roten Rathaus 1878, Gemälde von Anton von Werner

Abgebildet (v.l.n.r.): von Haymerle, Károlyi, de Launay, Gortschakow (sitzend), Waddington, Disraeli, von Radowitz, zu Hohenlohe-Schillingsfürst, Corti, Graf de Mouy (halb verdeckt), d’Oubril (sitzend), de Saint-Vallier (verdeckend), Desprez, Andrássy, Bucher, Otto von Bismarck, von Holstein, Busch, Herbert von Bismarck, Schuwalow, Sadullah Bey, Russell, von Bülow, Salisbury, Carathéodori und Mehmed Ali Pascha

Der Balkan mit neuen Grenzen nach dem Berliner Kongress 1878, Bulgarien und Ostrumelien aufgeteilt

Otto von Bismarck, deutscher Reichskanzler

Benjamin Disraeli, britischer Premierminister

!!!William Henry Waddington, French Foreign Minister

!!!Alexander Carathȅodory Pasha, Chief negotiator of the Ottomans

!!!Alexander Mikhailovich Gorshakov, Russian Foreign Minister

Gründung des Fürstentums Bulgarien

Auf dem Weg zum Thron

Einen Tag nachdem die bulgarische Volksversammlung in Veliko Tărnovo eine Verfassung für Bulgarien beschlossen hatte, wählte sie am 29. April 1879 Sandro zu ihrem Fürsten. Zar Alexander II. wollte ihn, und die europäischen Mächte hatten keine Einwände. Die Nachricht erreichte Sandro in Potsdam. In Darmstadt besprachen er und sein Vater die bulgarische Verfassung mit Hofjuristen. Diese kamen zu dem Schluss, dass unter solchen Vorgaben ein Land kaum regierbar sei.

Die außergewöhnlich liberale Verfassung war von der russischen Besat¬ zungsverwaltung in Bulgarien ausgearbeitet worden. Sie beschränkte bewusst die Handlungsfähigkeit des Fürsten. Ein mit geringer Macht ausgestatteter bulgarischer Monarch war von Russland abhängig. Trotz erheblicher Bedenken telegraphierte Sandro nach Bulgarien, dass er die Wahl annehme.

Er verabschiedete sich von seiner Familie und reiste nach Livadija, zur Sommerresidenz des Zaren auf der Krim. Der Zar war über die zögerliche Haltung seines Neffen und dessen Bedenken, nach Bulgarien zu gehen, erbost. Sandro wurde daran erinnert, wem er seine Wahl zum Fürsten zu verdanken hatte. Er wurde aufgefordert, sich in sein Fürstentum zu begeben und dort die russischen Interessen zu vertreten Sandro gehorchte.

In Livadija überreichte ihm eine bulgarische Abordnung die Wahlakte. Danach reiste er zu Antrittsbesuchen nach Wien, London und Berlin, wo er sich auch mit Bismarck traf, der ihm nahelegte, die Beschlüsse des Berliner Kongresses einzuhalten. Nach weiteren Stationen in Paris, London, Rom und Konstantinopel betrat er am 6. Juli 1879 bulgarischen Boden.

In Varna nahm ihn der russische Generalgouverneur in Bulgarien, Fürst Dondukow¬Korsakow, in Empfang. Das erste Ziel auf seiner Reise zur neuen bulgarischen Hauptstadt Sofia war Veliko Tărnovo, wo er am 8. Juli 1879 vor der bulgarischen Volksversammlung den Eid auf die Ver¬ fassung ableistete.

Die Diskussion um die neue Verfassung hatte die Volksversammlung auf Dauer in zwei Lager gespalten. Die Konservativen wollten dem Fürsten größere Vollmachten zubilligen, konnten sich aber gegen die Mehrheit der Liberalen, die gegen eine starke Exekutive waren, nicht durchsetzen.

Wichtige Termine in der Tabelle

28. April 1879 Bulgarische Volksversammlung: Annahme der Verfassung

29. April 1879 Bulgarische Volksversammlung: Wahl Sandros zum Fürsten

06. Juli 1879 Sandros Ankunft in Bulgarien

08. Juli 1879 Sandros Eid auf die bulgarische Verfassung

Texte zu den Bildern und Gemälden

Bulgarien und Ostrumelien nach dem Berliner Kongress

Die Stadt Veliko Tărnovo im Jahr 1885

Konstituierende Versammlung in Veliko Tărnovo 1879

Die Führung der regierenden Liberalen 1879

Alexander Dondukow-Korsakow

Die bulgarische Verfassung

Das neue Fürstentum wird konstitutionelle Monarchie

Bulgarien erhielt die fortschrittlichste Verfassung Europas. Als Grundlage diente die belgische von 1831. Oberstes Macht¬ organ des Staates war die Volksversamm¬ lung. Deren Mitglieder wurden vom Volk gewählt. Wahlberechtigt waren alle Männer ab dem 21. Lebensjahr ohne Unterschied auf ihre ethnische Zuge¬ hörigkeit und Religion. Wählen lassen konnte sich, wer über dreißig Jahre alt war und lesen und schreiben konnte. Eine Große Volksversammlung hatte über Verfassungsänderungen und die Wahl des Fürsten zu entscheiden. Fürst und Regierung waren dem Parlament gegenüber rechenschaftspflichtig. Die fürstlichen Vollmachten beschränkten sich auf das Oberkommando der Armee, Amnestieerlasse und das Recht, vom Parlament verabschiedete Gesetze erneut zur Diskus¬ sion zu stellen, die Nationalversammlung aufzulösen und Neuwahlen zu beschließen Den Bürgern wurden für die damalige Zeit erstaunliche Grundrechte garantiert: Gleichheit vor dem Gesetz, Recht auf ein Gerichtsverfahren, Unverletzlichkeit des Eigentums, Versammlungsfreiheit sowie Rede¬ und Pressefreiheit. Titel und Standesprivilegien aus der osmanischen Zeit wurden abgeschafft.

A few paragraphs from the constitution are quoted below, some abridged:

  • Alle Bulgaren sind vor dem Gesetz gleich.
  • Das Eigentum ist unverletzlich.
  • Jeder Bulgare muss ohne Ausnahme die durch das Gesetz bestimmten Steuern bezahlen.
  • Niemand kann bestraft werden ohne Urteil des zuständigen Gerichts.
  • Die Privat-Korrespondenz ist geheim und unverletzlich.
  • Der erste Unterricht ist unentgeltlich und obligatorisch für alle Bulgaren.
  • Die Presse ist frei. Verfasser, Drucker und Herausgeber sind keiner Zensur unterworfen.
  • Die bulgarischen Bürger haben das Recht, sich in Gesellschaften zu vereinigen.
  • Die Volksversammlung setzt sich zusammen aus Abgeordneten, die durch direkte Wahl gewählt werden. Wahlberechtigt ist jeder bulgarische Bürger, der älter als 21 Jahre ist.

Wichtige Termine in der Tabelle

1831 Belgische Verfassung: Sie dient der russischen Rechtsabteilung in Bulgarien als Vorlage für die bulgarische Verfassung

23. Februar 1879 Einberufung einer Versammlung zur Beratung des Verfassungsentwurfs

28. April 1879 Bulgarische Nationalversammlung: Annahme der Verfassung

Texte zu den Bildern und Gemälden

Die bulgarische Verfassung von 1879

Anthim I., Oberhaupt der Bulgarischen Orthodoxen Kirche Erster Vorsitzender des Bulgarischen Parlaments

Die Verfassung von Veliko Tărnovo 1879 – Textauszug (Russisch, Bulgarisch)

Fremd in der neuen Heimat

Ankunft in Sofia

Der Protestant Sandro kam als bulgarischer Fürst in ein über Jahrhunderte orientalisch geprägtes Land mit einer überwiegend christlich¬orthodoxen Bevölkerung, über dessen Geschichte und Gegenwart er wenig wusste.

In der kurzen Zeit zwischen seiner Wahl und seiner Ankunft hatte er sich nur in Ansätzen über die Situation in Bulgarien informieren können.Er war auf einen Dolmet¬ scher angewiesen, musste schnellstmöglich die bulgarische Sprache und die kyrillische Schrift erlernen, sich in die Regierungsgeschäfte einarbeiten und Land und Leute kennenlernen. Sandro war mit einem kleinen Gefolge, vorwiegend Hessen, nach Bulgarien gekommen. Darunter war Alexander Menges, dessen Vater bereits für seine Familie arbeitete. Auch sein Bruder, Franz Joseph von Battenberg, folgte ihm nach Bulgarien. Seinen engsten Ver¬ trauten übertrug Sandro Führungsaufgaben in seinem direkten Umfeld. Für das Militär standen ihm russische und bulgarische Offiziere zur Verfügung. Sein Sekretär war der Bulgare Dr. Konstantin Stoilov, der in Heidelberg studiert und ihn vom Heiligenberg aus nach Bulgarien begleitet hatte.

Die neue bulgarische Hauptstadt war damals ein kleiner Ort mit etwas über zehntausend Einwohnern. Hier bezog er zunächst das ehemalige osmanische Verwaltungsgebäude, das in einem baufälligen Zustand war. Sandro beauftragte den Wiener Architekten Viktor Rumpelmayer, daraus einen repräsentativen Palast zu errichten. 1880 begannen die Bauarbeiten. Das Gebäude wurde entkernt, neu aufgebaut und erweitert. Nur Teile der Fassade blieben erhalten. Während der Bauarbeiten wohnte Sandro in Sofia in einer bescheidenen Residenz. Am 26. Dezember 1882 wurde der neue Palast offiziell eingeweiht Sandros Schwester Marie, die ihren Bruder in Bulgarien besuchte, beschrieb ihn als groß, mit einer prachtvollen Eingangshalle und einem reizend angelegten Garten. Heute ist im ehe¬ maligen Fürstenpalast die Nationale Kunstgalerie Bulgariens untergebracht.

Wichtige Termine in der Tabelle

13. Juli 1879 Sandros Einzug in Sofia unter Jubel der Bevölkerung

15. Juli 1879 Ernennung der ersten bulgarischen Minister

1880 – 1882 Bau des neuen Fürstenpalastes in Sofia

September – Oktober 1884 Sandros Schwester Marie zu Besuch in Bulgarien

Texte zu den Bildern und Gemälden

Der Fürstenpalast in Sofia

Sandros Arbeitszimmer im neuen Palast

Sandros Schwester, Marie Karoline Prinzessin von Battenberg, Fürstin zu Erbach-Schönberg, zu Besuch in Sofia (vorne rechts sitzend) zusammen mit ihrem Gatten Fürst Gustav Ernst zu Erbach-Schönberg (links außen stehend). Sandro in weißer Uniform (sitzend).

Hristo Karagiosov, Sandros Leibwächter

Hristo Karagiosov, Sandros Leibwächter

Alexander Menges, Sandros Begleiter und Sekretär in Bulgarien, mit Frau Emilie

Die ersten Jahre des Fürsten

Ein schwieriger Anfang

Gleich zu Beginn seiner Regentschaft stand Sandro vor schier unlösbaren Problemen. Bulgarien litt wirtschaftlich unter den Folgen der Nieder¬ schlagung des Aprilaufstandes 1876 und des Russisch¬Osmanischen Krieges 1877/78. Eine große finanzielle Belastung war die Tributpflichtig¬ keit gegenüber dem Osmanischen Reich und die Entschädigung, die an Russland zu entrichten war für dessen Verwaltung und Militär im Land. In Regionen mit hohem muslimischen Bevölkerungsanteil kam es nach der Machtübernahme der Bulgaren zu Aufständen.

Innenpolitisch war das Fürstentum instabil. Der unüberwindbare Gegen¬ satz zwischen Liberalen und Konservativen blockierte das Land. In der Volksversammlung herrschten chaotische Zustände. Sandros Versuch, eine Koalitionsregierung aus Liberalen und Konservativen zu bilden, scheiterte. Mit seiner Entscheidung für ein konservatives Kabinett brachte er die Vertreter der Liberalen gegen sich auf.

Die Regierung war, wie auch die nachfolgenden Regierungen, inkompe¬ tent, betrieb Vetternwirtschaft und war korrupt. Die russischen Offiziere und Beamten im Land waren pro forma dem Fürsten unterstellt, richteten sich aber nach den Instruktionen, die sie aus St. Petersburg erhielten.

Und die Landesverwaltung war mit bestechlichen Beamten besetzt, die ihren Posten im Staatsdienst erkauft hatten. Letztendlich verlor Sandro auch noch seinen Rückhalt in Russland. Am 3. Juni 1880 starb seine Tante, Zarin Maria, und am 13. März 1881 sein Onkel, Zar Alexander II., durch ein Attentat.

Wichtige Termine in der Tabelle

03. Juni 1880 Tod der Zarin Maria

13. März 1881 Tod des Zaren Alexander II

Texte zu den Bildern und Gemälden

Zarin Maria mit Zar Alexander II.

Zar Alexander II.

Tödliches Bombenattentat auf Alexander II. am 13. März 1881, Zeichnung von G. Broling

Sandro und Zar Alexander III

Beginn der Entfremdung

Zu den Begräbnisfeierlichkeiten Zar Alexanders II. am 27. März 1881 reiste Sandro nach St. Petersburg. Während seines Aufenthalts trug er dem russischen Thronfolger, wie zuvor dessen Vater, die unhaltbaren Zustände und seine Machtlosigkeit in Bulgarien aufgrund der liberalen Verfassung vor. Zar Alexander II. hatte ihm einen Staats streich untersagt. Der neue Zar Alexander III. legte sich nicht fest. Sandro verließ Russland mit dem Eindruck, sein Cousin hätte keine Einwände.Zurück in Bulgarien entließ Sandro die liberale Regierung und berief die Große Volksversammlung ein. Sie sollte ihm begrenzt auf sieben Jahre das Recht zusprechen, unter Aussetzung der Verfassung das Land mit Vollmachten regieren zu können.

Andernfalls wäre er entschlossen, Bulgarien zu verlassen. Unter den Liberalen löste die Proklamation einen Sturm der Entrüstung aus. Die Abdankung und sogar der Sturz des Fürsten wurden gefordert. Der Zar riet Sandro zur Mäßigung.

Sandros Ankündigung, strukturelle und personelle Veränderungen in der korrumpierten Landesverwaltung vorzunehmen und Stellen nur noch mit qualifizierten und patriotischen Beamten zu besetzen, wurde jedoch von der bulgarischen Bevölkerung begrüßt. Die bulgarischen Patrioten rief er auf, ihn bei seinem Unterfan¬ gen zu unterstützen. Am 13. Juli 1881 stimmte die Große Volksversamm¬ lung für seinen Antrag.

In Russland wurden Sandros eigen¬ mächtiges Handeln und sein Appell an den bulgarischen Patriotismus als Absicht gewertet, Bulgarien aus der Abhängigkeit Russlands zu lösen. Seine Reform der Stellenbesetzung im Staatsdienst zielte unzweifelhaft auf illoyale russische Offiziere und Beamte. Sie mussten um ihre Privilegien fürchten und machten Stimmung gegen den Fürsten.

Wichtige Termine in der Tabelle

27. März 1881 Begräbnis Zar Alexanders II

20. Mai 1881 Sandro verlangt Aussetzung der Verfassung

13. Juli 1881 Die Volksversammlung stimmt der Forderung Sandros zu

Texte zu den Bildern und Gemälden

Zar Alexander III.

Großfürst Alexander Romanow um 1860 Er kannte Sandro bereits von seinen Aufenthalten auf dem Heiligenberg

Zar Alexander III

Sandro in den 1880er-Jahren

Das Regime der Vollmachten

Der Bruch mit Russland

Mit dem Beschluss der Großen Volksversammlung vom 13. Juli 1881 begann eine zweijährige autoritäre Regierungszeit Sandros in Bulgarien. Um Zar Alexander III. zu beschwichtigen, ernannte er die russischen Generäle Leonid Sobolev und Alexander von Kaulbars zu den wichtigsten Ministern im Kabinett. Sobolev wurde Ministerpräsident und Innenminister, von Kaulbars Kriegsminister. Beide setzten rücksichtslos die russischen Interessen im Land durch und übernahmen sukzessive die Macht. Trotz bulgarischer Proteste wagte es Sandro nicht, gegen sie vorzugehen. Am 27. Mai 1883 wurde Zar Alexander III. in Moskau gekrönt. Sandro wollte die Gelegenheit nutzen, seinen Cousin um die Absetzung Sobolevs und von Kaulbars zu bitten. In Bulgarien war er dazu aufgefordert worden.

Zar Alexander III. behandelte ihn gering¬ schätzig und lehnte sein Ersuchen ab. Sandros Lage war frustrierend. Sein Ver¬ such, mit Vollmachten ausgestattet das Land zu reformieren, war gescheitert. Russland betrachtete ihn als Marionette und Bulgarien als Provinz. Durch sein passives Verhalten gegenüber der russi¬ schen Fremdherrschaft verlor er in der bulgarischen Bevölkerung immer mehr an Ansehen.Er kam zur Einsicht, sich dem russischen Machtanspruch wider¬ setzen zu müssen, um sich auf dem bulgarischen Thron halten zu können. Er entließ Sobolev und von Kaulbars sowie alle russischen Bediensteten in seinem Umfeld. Der Konflikt schaukelte sich immer weiter hoch. Sandro war in Russland zum Gegner geworden. Der Zar verachtete ihn. Sandro sollte zur Abdankung gezwungen oder durch einen Putsch beseitigt werden.

Wichtige Termine in der Tabelle

13. Juli 1881 Sandros Regierungszeit der Vollmachten beginnt

27. Mai 1883 Sandro in Moskau. Krönung Alexanders

16. September 1883 Entlassung Sobolevs und von Kaulbars

Texte zu den Bildern und Gemälden

Leonid Sobolev

Alexander von Kaulbars

Zar Alexander III.

Krönung Zar Alexanders III., Gemälde von Georges Becker

Sandro und die Bulgaren

Ein Verhältnis unter russischer Dominanz

Sandro wurde von der bulgarischen Bevölkerung als williger Handlanger Russlands angesehen. Dass er nunmehr gegen Russland und den Zaren aufbegehrte und gegen die russische Militärherrschaft vorging, wurde von den Bulgaren wertgeschätzt. Der Hochmut, mit dem Russland seine Herrschaft über Bulgarien ausübte, verletzte den Nationalstolz der Bulgaren.

Der Widerstand ihres Fürsten gegen die russische Fremdherrschaft einigte die liberalen und konservativen Kräfte in der Volksversammlung. Nach¬ dem sich Sandro bereit erklärt hatte, die Verfassung von Veliko Tărnovo wieder in Kraft zu setzen, bildete sich eine Koalitionsregierung unter Führung eines konservativen Ministerpräsidenten. Nach zwei Jahren endete damit die mit Vollmachten ausgestattete Regierungszeit Sandros. Wenn¬ gleich auch die neue Regierung keinen langen Bestand haben sollte, so hatte doch Russland in Bulgarien an Macht eingebüßt. Die russischen Generäle von Kaulbars und Sobolev waren von der Regierung ausgeschlos¬ sen worden und hatten unter Protest Bulgarien verlassen.

Als Gegenreaktion zog Russland russische Offiziere aus Bulgarien ab, die sich loyal zu Sandro verhielten. Um der Reputation des bulgarischen Fürsten im In¬ und Ausland zu schädigen, begann Russland Gerüchte über ihn zu verbreiten. Ihm wurde vorgeworfen, einen unsittlichen Lebens¬ wandel zu führen und sich hoch verschuldet zu haben. Dass sich seit seinem Regierungsantritt die wirtschaftliche Situation Bulgariens stetig verbesserte, die Einfuhren sich verdoppelten, die Ausfuhren um das Zweieinhalbfache stiegen und der Staatshaushalt pro Jahr um zehn Prozent zunahm, geriet angesichts dieser Kampagne in den Hintergrund.

Wichtige Termine in der Tabelle

16. September 1883 Sandro setzt die Verfassung wieder in Kraft

24. Oktober 1883 Alexander III. zieht loyal zu Sandro stehende russische Offiziere ab

Texte zu den Bildern und Gemälden

Sandro mit seinen engsten Vertrauten in Bulgarien

Gebäude der bulgarischen Volksversammlung (Sobranje) am 6. April 1885

Sandro als General des Fürstlich-Bulgarischen 1. Infanterie-Regiments, Oberbefehlshaber

Die Battenberg¬Affäre

Sandros Verlobung

1883 verlobte sich Alexander von Battenberg mit Prinzessin Viktoria von Preußen. Viktorias Eltern waren der deutsche Kronprinz Friedrich Wilhelm von Preußen und Victoria, die älteste Tochter der britischen Königin. Die Verlobten konnten nicht ahnen, welches Beben die in der Ge¬ schichtsschreibung als „Battenberg¬ Affäre“ eingegangene Verbindung der beiden verursachen sollte. Die Verlobung, die zunächst geheim bleiben sollte, löste nach Bekannt¬ werden innerhalb der kaiserlichen Familie einen heftigen Streit aus.

Morettas Vater war der Verbindung gegenüber aufgeschlossen, ihre Mut¬ ter forcierte sie. Für das Kaiserpaar und Prinz Wilhelm von Preußen, dem späteren Kaiser Wilhelm II., war Sandro ein Emporkömmling, der ver¬ suchte, in die kaiserliche Familie einzudringen. Ein Nachkomme aus einer morganatisch fürstlichen Ehe durfte nicht einer von ihnen werden. Prinz Wilhelm stellte sich offen gegen seine Eltern.

Reichskanzler Bismarck bekräftigte ihn und seine Großeltern in deren Voreingenommen¬ heit gegenüber Sandro. Tatsächlich ging es ihm aber nicht um Standes¬ grenzen. Durch die Verlobung sah er sein europäisches Bündnissystem bedroht. Eine Einheirat Sandros in die kaiserliche Familie wäre für Zar Alexander III. eine Provokation und hätte die nach dem Berliner Kongress angespannte deutsch¬russische Beziehung weiter belastet. Eine kaiserliche Prinzessin als bulgarische Fürstin barg zudem die Gefahr, dass das Deutsche Reich in die Auseinandersetzung zwischen dem Zaren und Sandro hineingezogen würde.

Trotz aller Widerstände verstieg sich Kronprinzessin Victoria darin, aus der Verlobung eine Hochzeit werden zu lassen. Als ihr Mann 1888 seinem Vater als Kaiser Friedrich III. nachfolgte, sah sie sich ihrem Ziel nahe, obgleich Sandro ihr bereits zu verstehen gegeben hatte, dass er sich die Auflösung der Verlobung wünsche.

Letztendlich scheiterte Victorias Plan. Friedrich III. starb nur neunundneunzig Tage nach seiner Thronbestei gung. Ihr Sohn wurde als Wilhelm II. Kaiser des Deutschen Reiches. Auf dessen Verlangen hin erklärte sich Sandro 1888 schriftlich bereit, die Beziehung zu Moretta zu beenden.

Wichtige Termine in der Tabelle

1883 Sandro verlobt sich mit Viktoria von Preußen (Moretta

09. März 1888 Tod Kaiser Wilhelms

15. Juni 1888 Tod Kaiser Friedrichs III. Regierungsantritt Kaiser Wilhelms

Juni 1888 Auflösung der Verlobung

Texte zu den Bildern und Gemälden

Prinzessin Viktoria (Moretta) von Preußen

Kaiser Friedrich III., Morettas Vater

Kaiserin Victoria, Morettas Mutter

Kaiser Wilhelm I., Morettas Großvater

Kaiser Wilhelm II., Morettas Bruder

Reichskanzler Otto von Bismarck

Ostrumelien fordert den Anschluss

Sandro und die nationale Einheitsbewegung

Die europäischen Mächte hatten als ein Ergebnis des Berliner Kongresses ein Großbulgarien nicht zugelassen. Vertraglich vereinbart wurde das Fürstentum Bulgarien und südlich davon die osmanische Provinz Ostrumelien. Verwaltet wurde Ostrumelien entsprechend der Berliner Verträge von einem Generalgouverneur, der von der Hohen Pforte für jeweils fünf Jahre ernannt wurde.

In Ostrumelien lebten überwiegend Bulgaren. Die osmanischen Muslime waren in der Minderheit. Innerhalb der bulgarischen Bevölkerung bilde¬ ten sich konspirative Vereinigungen, die die Loslösung vom Osmanischen Reich und den Anschluss an Bulgarien forderten.

Sandro versprach dem russischen Außenminister, die Einheitsbewegung nicht zu unterstützen. Damit geriet er in eine missliche Situation. Hätte er den Anschluss Ostrumeliens an Bulgarien unterstützt, wäre dies der endgültige Bruch mit dem russischen Zaren gewesen. Der Vertrag des Berliner Kongresses wäre verletzt worden, und eine Intervention der Osmanen wäre denkbar gewesen.

Wichtige Termine in der Tabelle

seit 1878 Bulgaren in Ostrumelien fordern die Vereinigung mit dem Fürstentum Bulgarien

Februar 1885 Gründung des Bulgarischen Geheimen Zentralen Revolutionskomitees in Ostrumelien (BGZRK)

Texte zu den Bildern und Gemälden

Zahari (Sachari) Stojanov, Freiheitskämpfer und Mitgründer des Bulgarischen Geheimen Zentralen Revolutionskomitees (BGZRK)

Mitglieder des Bulgarischen Geheimen Zentralen Revolutionskomitees (BGZRK)

Konstantin Atanasov (Kosta) Panica, Freiheitskämpfer und Mitgründer des BGZRK, Major unter Alexander

Sandros Entscheidung

Die Vereinigung Bulgariens 1885

Im September 1885 kam es in Ostrumelien zu spontanen Aufständen gegen die Osmanen. Die Aufständischen übernahmen die Macht. Sie forderten Fürst Alexander auf, sich an die Spitze der Einigungsbewegung zu stellen und riefen ihn zum Fürsten von Ostrumelien aus.

Sandro ging daraufhin ein hohes Risiko ein. Er marschierte mit einer Kavallerieeinheit unter dem Jubel der dortigen bulgarischen Bevölkerung in die ostrumelische Hauptstadt Plovdiv ein.

Am 23. September 1885 verkündete die bulgarische Volksversammlung die Einheit des Landes. Sandro wurde Fürst des vereinten Bulgariens. Der russische Zar reagierte wütend. Er ließ alle russischen Beamten und Offiziere aus Bulgarien abziehen. Das bulgarische Militär verlor dadurch einen Großteil seiner Führung. Die Einsatzbereitschaft des Heeres wurde erheblich geschwächt.

Durch die territoriale Vergrößerung des Fürstentums Bulgarien veränderte sich die politische Lage auf dem Balkan. Bulgarien war von geostrate¬ gischer Bedeutung aufgrund seiner Lage zwischen dem Schwarzen Meer und dem Mittelmeer, und es war Transitland zwischen Westeuropa und dem Osmanischen Reich. Bulgarien und sein Fürst hatten an Bedeutung in der Region gewonnen.

In den Nachbarstaaten, in denen ethnische Bulgaren wohnten, die ebenfalls den Anschluss an Bulgarien wollten, wurde die Entwicklung mit Argwohn verfolgt.

Wichtige Termine in der Tabelle

September 1885 Aufstände in Ostrumelien gegen die Osmanen: Aufständische übernehmen die Macht

18. September 1885 Ostrumelien proklamiert die Vereinigung mit Bulgarien

21. September 1885 Sandro wird unter Jubel der Bevölkerung in Plovdiv begrüßt

23. September 1885 Die bulgarische Volksversammlung verkündet die Einheit des Landes

Texte zu den Bildern und Gemälden

Bulgarien und Ostrumelien vereint, Stich von Nikolai Pavlovich

Appell zum Ausruf der Vereinigung, Telegramm an Sandro vom 14. September 1885

Ostrumelische Proklamation der Vereinigung mit Bulgarien vom 18. September 1885

Bulgarien mit Ostrumelien 1885

Empfang Sandros in Plovdiv am 21. September 1885, Gemälde von Pietro Montani

Serbisch¬Bulgarischer Krieg

Sandros großer Sieg

Nach der nationalen Vereinigung Bulgariens war eine militärische Auseinandersetzung mit dem Osmanischen Reich zu befürchten. Sandro ließ deshalb einen großen Teil der bulgarischen Armee an der südlichen Grenze aufstellen.

Doch nicht die Osmanen, sondern die Serben erklärten am 13. November 1885 den Krieg und rückten mit einer gut ausgerüsteten Armee in Bulgarien ein. Ihr König, Milan I., hatte die Zustimmung Österreichs. Er sah eine günstige Gelegenheit für territoriale Zugewinne auf bulgarischem Gebiet.

Fürst Alexander stellte sich als Oberbefehlshaber den Angreifern mit einer kleinen Armee entgegen. Auch Sandros Bruder Franz Joseph befehligte eine bulgarische Einheit. In Eilmärschen erreichten die in Ostrume¬ lien stationierten Truppen die Front. Im Gegensatz zu den Serben hatten die Bulgaren aufgrund des Abzugs der Russen nur wenige Offiziere. Es mangelte an Waffen, Kleidung, Proviant und Pferden.

Dennoch wurden vom 17. bis 19. November 1885 die Serben wenige Kilometer vor Sofia in der Schlacht von Slivnica kriegsentscheidend geschlagen. Sie mussten sich zurückziehen und wurden von den bulgarischen Truppen bis auf serbisches Gebiet verfolgt. Die Drohung Österreichs, auf Seiten Serbiens in den Krieg einzutreten, stoppte die Kampfhandlungen.

Am 21. Dezember 1885 wurde ein Waffenstillstand vereinbart und am 3. März 1886 in Bukarest ein Friedensvertrag unterzeichnet. Bulgarien musste den Vorkriegszustand anerkennen. Sandro hatte als Feldherr großes strategisches Geschick bewiesen. Er wurde als „Held von Slivnica“ gefeiert. Seine Stellung an der Spitze des bulgarischen Staates schien gefestigt.

Am 5. April 1886 schlossen das Fürstentum Bulgarien und das Osmanische Reich den Vertrag von Tophane, mit dem die bulgarische Vereinigung international anerkannt wurde.

Wichtige Termine in der Tabelle

13. November 1885 Serbien erklärt Bulgarien den Krieg

17. – 19. November 1885 Entscheidungsschlacht bei Slivnica: Sieg der Bulgaren

21. Dezember 1885 Einstellung der Kampfhandlungen

03. März 1886 Friedensvertrag von Bukarest

05. April 1886 Vertrag von Tophane – Internationale Anerkennung der Vereinigung Bulgariens

Texte zu den Bildern und Gemälden

König Milan I. von Serbien

Die Schlacht bei Slivnica

Sandro als Feldherr

Vor der Kirche „Heiliger König“ in Sofia

Empfang Seiner Hoheit Fürst Alexander Battenberg nach dem Sieg über die Serben im Jahre 1885

Der Putsch gegen Sandro

Verzicht auf den Thron

Trotz des Sieges gegen die Serben unter Sandros Oberbefehl ließ die Begeisterung in der bulgarischen Bevölkerung über ihren Fürsten schnell nach. Die bulgarische Armee musste sich aus Serbien zurückziehen, ansonsten wäre es zu einem Krieg mit Österreich gekommen. Auf Druck der europäischen Mächte hatte Bulgarien ost¬ rumelische Gebiete an das Osmanische Reich abtreten und die Tributzahlung Ostrumeliens an die Hohe Pforte überneh¬ men müssen. Dass nach dem Serbisch¬ Bulgarischen Krieg keine Gebietsgewinne erzielt und Zugeständnisse an das Osma¬ nische Reich gemacht wurden, lastete man Sandro an.

Zar Alexander III. erkannte Sandro nicht als Fürsten Gesamtbulgariens an und betrieb weiter dessen Absetzung. In der Nacht vom 20. auf den 21. August 1886 drangen prorussische Offiziere in den Fürstenpalast in Sofia ein und nahmen Sandro im Handstreich fest. Mit einem Putsch hatte Sandro nicht halb des Landes entführt. Der Staatsstreich war schlecht geplant, ohne Rückhalt in der Bevölkerung und brach nach wenigen Tagen zusammen. Eine provisorische Regierung übernahm die Macht in Bulgarien. Minister¬ präsident Stambulov forderte Sandro zur Rückkehr auf den Thron auf. Am 30. August 1886 traf dieser nach zehntägiger Irrfahrt wieder in Sofia ein. In einem Telegramm bat er Zar Alexander III. um Versöhnung. Der Zar lehnte ab. Er billigte die Rückkehr Sandros auf den bulgarischen Thron nicht, was im Interesse Österreichs und Deutschlands war.

Sandro hatte sich der Vorherrschaft Russlands in Bulgarien widersetzt. Er hatte Bulgarien erfolgreich gegen Serbien verteidigt und dadurch eine Erweiterung des österreichischen Einflusses auf dem Balkan verhindert. Für das Deutsche Reich war er zur Belastung der deutsch¬russischen Außenpolitik geworden. Den Osmanen war Ostrumelien entrissen worden. Von Frankreich und Großbritannien konnte er keine Unterstützung erwarten. Innenpolitisch drohte ihm weiterhin Ungemach. Sandro erkannte seine ausweglose Situation. Resigniert dankte er am 7. September 1886 ab und verließ unter Anteilnahme der Bevölkerung Bulgarien.

Ferdinand von Sachsen¬Coburg und Gotha wurde als Ferdinand I. sein Nachfolger.

Wichtige Termine in der Tabelle

20. August 1886 Putsch gegen Sandro und Entführung außer Landes

27. August 1886 Sandro und Bruder Franz Josef in Österreich (Lemberg)

30. August 1886 Begeisterter Empfang nach Sandros Rückkehr in Sofia

01. September 1886 Zar lehnt den letzten Versuch Sandros zur Versöhnung ab

07. September 1886 Sandro dankt ab und verlässt Bulgari

Texte zu den Bildern und Gemälden

Stefan Stambolov

Franz Joseph Prinz von Battenberg, Sandros Bruder

Die Monarchen Russlands, Deutschlands und Österreichs werfen Sandros aus Bulgarien raus. Zeitgenössische Karikatur

Ferdinand I. Fürst von Bulgarien

Das Leben nach Bulgarien

Rückzug aus der Politik

Nach seiner erzwungenen Abdankung 1886 kehrte Sandro nach Darmstadt zurück. Sein Cousin, Großherzog Ludwig IV., stellte ihm ein Appartement im Alten Palais zur Verfügung. Im Großherzoglichen Hoftheater feierte das Publikum den Helden von Slivnica.

Um Ruhe zu bekommen, zog er sich auf den Heiligenberg zurück. Seine Zukunft war ungewiss. In Darmstadt lernte er seine spätere Frau kennen, die Österreicherin Johanna Loisinger, die als Sopranistin am Großherzoglichen Hoftheater engagiert war. Aus einem anfänglich zaghaften Briefwechsel entstand eine tiefe Zuneigung. 1888 verlobte er sich heimlich mit Johanna, ohne das Wissen seiner Eltern. Seine Mutter war strikt gegen die nicht standesgemäße Verbindung. Julie von Battenberg wusste aus eigener Erfah rung, welche Demütigung eine morganatische Ehe zur Folge haben konnte. Sie hatte auf eine Hochzeit ihres Sohnes mit Moretta gehofft. Als das Geheimnis der Verlobung mit Johanna gelüftet wurde, war Sandros Ver¬ hältnis zu seiner Mutter gestört. Als er tragischerweise jung starb, war sie weder an seinem Krankenbett gewesen noch bei seinem Begräbnis zugegen.

Wichtige Termine in der Tabelle

10. September 1886 Sandos Rückkehr nach Darmstadt

06. Juli 1887 Letztmalige Bitte an Sandro um Rückkehr nach Bulgarien

Dezember 1888 Verlobung Sandros mit der Sängerin Johanna Loisinger

15. Dezember 1888 Tod von Sandros Vater, Alexander von Hessen und bei Rhein

Texte zu den Bildern und Gemälden

Sandro in Zivil

Johanna Loisinger

Johanna Loisinger im Theaterkostüm, ca. 18

Johanna Loisinger im Theaterkostüm, ca. 1888

Sandro in Zivil

Geheime Eheschließung

Der Graf von Hartenau

Sandro wollte in die österreichische Armee eintreten. Sein Wunsch wurde abgelehnt. Eine Einstellung des beim Zaren in Ungnade gefallenen ehemaligen bulgarischen Fürsten hätte den österreichisch-russischen Dualismus weiter befördert. Am 6. Februar 1889 heirateten Sandro und Johanna unter strenger Geheimhaltung in Castellar, einem kleinen Vorort von Menton in Süd¬ frankreich. Nach seiner Hochzeit legte Alexander seinen in Bulgarien erworbenen Fürstentitel und seinen Adelsnamen Prinz von Battenberg ab. Mit Erlaubnis des Großherzogs Ludwig IV. nahm er im Januar 1889 den Familiennamen Graf von Hartenau an, nach einem in der Nähe des Heiligen¬ bergs gelegenen Gehöfts. Das Los seiner Eltern vor Augen, dürfte es seine Ab¬ sicht gewesen sein, dass seine Frau und seine Kinder den gleichen Namen und Titel wie er tragen sollten. Da Grafen nicht zum Hochadel gehörten, war dies möglich. Die Namensänderung wurde in der Beilage 6 des Großherzog¬ lich Hessischen Regierungsblatts vom 28. März 1889 bekannt gegeben. Die Aufforderung aus Bulgarien, als Fürst wieder zurückzukehren, schlug er aus. An den deutschen Kronprinzen Friedrich Wilhelm schrieb er, dass er froh sei, mit der Politik nichts mehr zu tun zu haben.

Wichtige Termine in der Tabelle

11. Januar 1889 Sandro legt den Titel Prinz von Battenberg ab Neuer Titel: Graf von Hartenau

Januar 1889 Sandro reist nach Wien: Vergeblicher Antrag auf Aufnahme in das österreichische Militär

06. Februar 1889 Sandros Eheschließung mit Johanna Loisinger

Texte zu den Bildern und Gemälden

Heiratsregistereintrag Castellar, Frankreich 1889

The Morning News. Savannah GA, 26. Februar 1889

Le Figaro, 5. März 1889

La Republique Francaise, 6. März 1889

Düsseldorfer Volksblatt, 14. März

Düsseldorfer Volksblatt, 22. März 1889

Umzug nach Österreich

Neue Heimat Graz

Nach der Hochzeit reiste das Paar weiter nach Mailand, wo es einige Wochen lebte. Im August zog das Paar nach Graz um. Hier war Sandros Vater vormals Garnisonchef. Zudem hatte Kaiser Franz¬Joseph Sandro während seines Antrittsbesuchs als bulgarischer Fürst ehrenhalber zum Grazer Oberst à la suite ernannt.

In Russland war man inzwischen überzeugt, dass Sandro keine Absicht mehr auf Rückkehr nach Bulgarien verfolgte. In Österreich war man bereit, ihn in den Militärdienst ein¬ zustellen. Per kaiserlichem Dekret wurde Sandro im Oktober 1890 zu seiner Enttäuschung zunächst nur zum Oberst ernannt, in Folge aber in den Rang eines General¬majors befördert.

Alexander Graf und Johanna Gräfin von Hartenau wohnten in Graz in der Leechgasse 20. Ihre repräsentative Villa Hartenau wurde zum gesellschaftlichen Treffpunkt.

Am 6. Januar 1890 wurde Sohn Assen geboren, benannt nach den bulgarischen Zaren aus dem 12. und 13. Jahrhundert. Der bulgarische Staat würdigte Alexanders Verdienste über¬ raschend mit einer jährlichen Zuwendung.

Am 24. Oktober 1893 kam seine Tochter Zwetana zur Welt. Es schien, als könnte Sandro privat und fern vom politischen Gesche¬ hen endlich ein unbeschwertes Leben führen. Gegen Ende 1893 klagte er jedoch zunehmend über Magenschmerzen.

Wichtige Termine in der Tabelle

Februar – März 1889 Aufenthalt in Mailand

August 1889 Umzug des Ehepaars nach Graz

16. Januar 1890 Geburt des Sohnes Assen

Texte zu den Bildern und Gemälden

Melderegistereintrag, Graz 1889

Familie Graf von Hartenau mit Sohn Assen

Melderegistereintrag aus Graz für die Villa Hartenau am 20. Februar

Villa Hartenau, Leechgasse 20 in Graz

Villa Hartenau, Interieur

Villa Hartenau, Gartenansicht

Villa Hartenau, Kronleuchter

Unerwartetes Lebensende

Tod und Überführung nach Sofia

Am 17. November 1893 starb Sandro mit nur 36 Jahren an einer Darmerkrankung. Wenige Monate vor seinem Tod hatte er sich mit seiner Schwester Marie in Florenz getroffen. Er bat sie, im Falle seines Todes dafür zu sorgen, dass er in Sofia beigesetzt würde, sollten die Bulgaren nach seinem Leichnam verlangen. Diesen Wunsch erfüllte Marie ihrem Bruder. Sie telegrafierte mit dem bulgarischen Ministerpräsidenten Stefan Stambolov, der prompt mit „Bulgarien verlangt seinen Fürsten zurück“ antwortete

Am 26. November 1893 wurde Alexanders Leichnam mit einem Sonderzug nach Sofia überführt, wo er ein Staatsbegräbnis erhielt. Er wurde zunächst in einem Sarkophag in der Kirche des Heiligen Georg in Sofia auf¬ gebahrt. Am 15. Januar 1897 wurde sein Leichnam feierlich in das für ihn errichtete Mausoleum umgebettet.

Nach Alexanders Tod zog seine Familie nach Wien um. Sandros Vertrauter Petko Slavejkov, Literat und Grün¬ dungsmitglied der bulgarischen Liberalen Partei, trat in der bulgarischen Volksversammlung dafür ein, dass vom bulgarischen Staat an Sandros Witwe und seine Kinder eine lebenslange finanzielle Unterstützung geleistet wurde.

Sandros Witwe, Johanna Gräfin von Hartenau, setzte sich in Graz und Wien für die Förderung des Musiklebens ein, unterstützte das Wiener Symphonieorchester, das Mozarteum in Salzburg und war zeitweise im Vorstand der Wiener Akademischen Mozartgemeinde.

Bis heute sind Angehörige der Familie Hartenau in Wien heimisch geblieben.

Wichtige Termine in der Tabelle

17. November 1893 Tod Alexanders von Battenberg

26. November 1893 Überführung Sandros nach Sofia

bis 1897 Sandros Sarkophag in der Kirche Heiliger Georg in Sofia

15. Januar 1897 Umbettung in das eigens für Sandro gebaute Mausoleum in Sofia

viele Jahre Gräfin Johanna von Hartenau bereichert das Musikleben in Wien

20. Juli 1951 Tod der Gräfin Johanna von Hartenau

Texte zu den Bildern und Gemälden

Sandros Beisetzung in Sofia

Titelseite Sport & Salon Illustrierte, 25. Februar 1911, Johanna mit Tochter Zwetana

Assen und Zwetana, 1897

Assen, 1900

Zwetana, 1901

Zwetana und Assen, 1910

Johanna von Hartenau, 1927

Abschließende Betrachtung

Ein schicksalhaftes Leben

Im September 2007 wurde auf Initiative des Jugenheimer Verkehrs¬ und Verschönerungsvereins am Schloss Heiligenberg eine Bronzetafel der Künstlerin Christiane von Kessel angebracht. Darauf ist zu lesen, dass Alexander Prinz von Battenberg hier seine Jugendjahre verbrachte Anlässlich der Enthüllung der Tafel waren die damalige Botschafterin Bulgariens in Deutschland und Vertreter der Deutsch¬Bulgarischen Gesellschaft zugegen. Welche Bedeutung Prinz Alexander von Battenberg in der bulgarischen Geschichte des 19. Jahrhunderts einnimmt, dürfte vielen deutschen Teilnehmern des Festakts nicht bekannt gewesen sein.

In Bulgarien ist Sandro eng mit der Staatsgründung verbunden. Er wurde mit 22 Jahren Oberhaupt eines Landes, das durch eine fast 500jährige osmani¬sche Herrschaft geprägt und von Russ¬land besetzt war. Als Angehöriger des Offiziersadels war ihm ein strenger Normenkodex anerzogen worden, der Gehorsam einforderte. Bis zur Selbstverleugnung hielt er sich an die Weisungen aus St. Petersburg. Mit hohem persönlichem Risiko und dem Preis seiner erzwungenen Abdankung wagte er es, sich der russischen Fremdherrschaft entgegen zu stellen. Unter seiner Führung wurde Bulgarien vereint und ein militärischer Überfall siegreich zurückgeschlagen. Darüber hinaus kam es während seiner Regierungs¬ zeit zu Fortschritten auf den Gebie¬ten der Landwirtschaft, Technik, Bildung und Kultur.

Sandro entstammte einer kleinen elitären gesellschaftlichen Schicht, die durch standesgemäße Eheschließungen unter sich blieb und innerhalb Europas vernetzt war. Sein Vater stand in russischen, österreichischen und hessischen Diensten. Seine Mutter war halb Polin, halb Russin.

Die Kinder kamen in Frankreich, Österreich und Italien zur Welt und wuchsen mehrsprachig auf. Die Familie war mit den herrschenden Häusern in Hessen, Großbritannien und Russland verwandt. Dass Sandro trotz dieser Herkunft und Sozialisation in Bulgarien ein Nationalbewusst¬ sein entwickelte, seinem Cousin, dem russischen Zaren, den Gehorsam verweigerte und letztendlich seinen hochadligen Titel ablegte und eine Bürgerliche heiratete, macht ihn und sein Leben so außergewöhnlich.

In Bulgarien sind nach Alexander von Battenberg Straßen und Plätze benannt.

Sein Mausoleum mitten in Sofia wurde 2005 restauriert.

Alexander ist die Verbindung, die zur Freundschaftsvereinbarung zwischen Seeheim¬Jugenheim und der bulgarischen Stadt Karlovo führte.

Die Anbringung der Gedenktafel zu seinen Ehren am Schloss Heiligenberg in Jugenheim war der Anstoß, die historische Bedeutung dieser eindrucks vollen Persönlichkeit durch eine Ausstellung zu würdigen.

Nach seinem erzwungenen Rücktritt als Fürst dürfte Sandro mit seinem Schicksal gehadert haben. Er wollte Bulgarien zu einem souveränen, westlich orientierten Staat entwickeln.

„Für ihn und sein tragisches Schicksal sollte das Gute weder in der Nähe noch in der Ferne liegen. Aber seine Pflicht hat er getan, als deutscher Pionier im Osten.“

(Marie Fürstin zu Erbach¬Schönberg, Memoiren 1852 – 1923)

Texte zu den Bildern und Gemälden

Schloss Heiligenberg in Jugenheim

Erinnerungstafel am Eingangstor von Schloss Heiligenberg

Gedenkstein am Schloss Heiligenberg für Sandros Pferd Duschek

Die Schule „Alexander I“ in Plovdiv heute (Mit freundlicher Genehmigung von M. Schnitter und S. Shivachev, Universität Plovdiv)

Der ehemalige Palast auf dem Battenberg-Platz in Sofia ist heute die Nationale Kunstgalerie

Alexander von Battenberg Mausoleum in Sofia

Bronzeplatte in der Gedächtniskapelle im Kreuzgarten auf dem Heiligenberg Jugenheim

Die europäische Verwandtschaft

Alexander Josef Prinz von Battenberg

Julie Prinzessin von Battenberg

Alexander Prinz von Hessen und bei Rhein 1823 – 1888

Marie von Hessen und bei Rhein Zarin von Russland 1824 – 1880

Haus Battenberg

Gemahlin von Zar Alexander II. von Russland

Marie Karoline Prinzessin von Battenberg Fürstin zu Erbach-Schönberg

Ludwig Prinz von Battenberg ab 1917 Louis Mountbatten

Alexander Josef (Sandro) Prinz von Battenberg Fürst von Bulgarien 1857 Verona – 1893 Graz

Johanna Loisinger Gräfin von Hartenau 1865 – 1951

Heinrich Moritz (Liko) Prinz von Battenberg

Franz Joseph Prinz von Battenberg 1861 – 1924

Gemahlin von Fürst Gustav Ernst zu Erbach-Schönberg

Gemahl von Prinzessin Viktoria von Hessen und bei Rhein

Gemahl von Prinzessin Beatrice von Großbritannien, Schwiegersohn von Queen Victoria

Gemahl von Prinzessin Anna von Montenegro

Alice von Battenberg Prinzessin von Griechenland 1885 – 1969

Louise von Battenberg Königin von Schweden 1889 – 1965

Graf von Hartenau

Victoria Eugenie (Ena) von Battenberg Königin von Spanien 1887 – 1969

Gemahlin von Prinz Andreas von Griechenland

Gemahlin von König Gustav VI. Adolf von Schweden

Gemahlin von König Alfons XIII. von Spanien

Philip von Griechenland Herzog von Edinburgh 1921 – 2021

Assen Graf von Hartenau 1890 – 1965

Zwetana Gräfin von Hartenau 1893 – 1935

Gemahl von Königin Elizabeth II. von Großbritannien

Aufzeichnung einer Darmstädterin

Ein Familienbericht aus Bulgarien

Nach der Ernennung von Alexander von Battenberg zum Fürsten von Bulgarien begaben sich zahlreiche Hessen auf die Reise nach Sofia, um sich im Umfeld von Alexander eine neue Existenz aufzubauen. Unter ihnen war auch Georg Johann Momberger mit seiner Tochter Elisabeth Strauch, die einen interessanten Familienbericht der Jahre 1882 bis 1898 erstellt hat. Ihre Enkelin Frau Heide Friemann, die heute in Seeheim wohnt, hat die Aufzeichnungen freundlicherweise für die Ausstellung zur Verfügung gestellt.

Georg Johann Momberger

Geb: 31.12.1852 in Kelsterbach

Gest: 14.3.1912 in Darmstadt

Nimmt als 17- jähr. Knirps- freiwilliger am Feldzug 1870 – 71 teil. Nach dessen Beendigung, Gesellen- u. Wanderjahre (bis Wien), dann Meisterprüfung. Klempner u. Installateur u. Gründung eines Geschäftes. Heiratet am 9.7.1876 in Darmstadt Anna Rockel. 1882 Aufgabe des Geschäftes u. Auswanderung nach Sofia, Bulgarien, mit vielen anderen Hessen, anläßlich der Berufung des Prinzen Alexander von Battenberg (von Hessen) zum Fürst von Bulgarien. Tritt dort in fürstliche Dienste als Ma- schinenmeister u. Leiter der fürstlichen Hofbeleuchtung (Gas). Wurde auf fürstl. Kosten in Wien umgeschult und ausge- bildet. Verbleibt dort (Sofia) 18 Jr. Die Kinder: z. Zt. der Auswan- derung zwei: Georg 5 Jahre, Elisabeth 6 Monate alt. (Ein Kind dazwischen, Friedrich, verstorben). In Sofia geborene Kinder, Paula, Eugen, Antoinette. (Ein Kind dazwischen, Karl, verstorben). Kehrt 1900 in die Heimat zurück, daselbst wie oben erwähnt am 14.3.1912 gestorben. Wahlgrab auf Dem Waldfriedhof. Die Familie erlebte dort, (Bulg.) den Serbisch-Bulgarischen Krieg. (1885). Als Fürst Alexander 1886 abdanken musste und daher seine Existenz unsicher war, und auch die Lage sehr ge- spannt war, übersiedelte die Mutter, es waren inzwischen 4 Kinder (Friedr. gest.) Georg, Elisa- beth u. Paula, vorübergehend, (4 Monate) nach Darmstadt.

Als sich die Lage geklärt hatte und fest stand, dass Prinz Fer- dinand von Coburg-Gotha neuer Fürst von Bulgarien aus- ersehen war, konnte er infol- gedessen seine Stellung behalten. Er ließ seine Familie wieder zurückkommen, (1886). Zum An- denken an diese Zeit und Ereignisse sind Schulbilder, Schulzeugnisse u. Erinnerungen In einem Karton aufbewahrt. Ich, Elisabeth Strauch, geb. Momberger, habe mit Ausnahme der viermonatigen Unterbrechung, 16 Jahre in Sofia gelebt. Bin dort bis zu meiner im Jahre 1895 er- folgten Konfirmation in die Deutsche Schule gegangen. Die Lehrfächer waren Deutsch, Französisch und Bulgarisch, Singen, sowie Handarbeiten u. Turnen. Beherrsche die Bulgarische Sprache in Wort und Schrift und war in Darmstadt einige Zeit beeidigte Dolmetscherin für diese Sprache.

Unter Anderem, Zeugnisabschriften u. dergl., habe ich eine Prüfungsarbeit eines an der Techn. Hochschule studierenden Bulgaren übersetzt. Dieselbe befindet sich ebenfalls in dem Karton. Die Zeit meines dortigen Aufenthaltes fällt in die Jahre 1882 – 1898.

Dies zur Aufklärung für Kinder u. Enkel.

Elisabeth Strauch geb. Momberger

Texte zu den Bildern und Gemälden

Der Fürstenpalast in Sofia

Georg Johann Momberger

Familie Momberger

Die Ära Battenberg im gegenwärtigen bulgarischen Geschichtsunterricht

Lehrplan der 6. Klasse

Die Jahre vor und während Alexander I. Fürst von Bulgariens Regierungszeit

Im Geschichtsunterricht wird an den bulgarischen Schulen nach folgenden Prinzipien vorgegangen: Die historischen Gegebenheiten der einzelnen Epochen werden mit ihren ökonomischen, sozialen und politischen Entwicklungen geschildert, wobei auf die daraus resultierenden geistigen und kulturellen Errungenschaften und historischen Persönlichkeiten besonders großer Wert gelegt wird.

Die Zeit von Mitte des 19. Jahrhunderts bis ca. 1880

In chronologisch aufgebauten Schilderungen wird die historische Situation Bulgariens reflektiert, das in dieser Zeit noch ein Teilgebiet des Osmanischen Reichs war, und erst ab 1879 – nicht zuletzt mit Hilfe von Alexander Prinz von Battenberg – nach Europa geführt wurde, allerdings unter Schwierigkeiten.

Welche historischen Schwerpunkte werden vermittelt?

In mehreren Regionen und Städten im bulgarischen Gebiet des Osma¬ nischen Reiches erstarkte die Wirtschaft mit wachsender Bevölkerungs¬ zahl und führte zu einer Belebung des Handels im In¬ und Ausland.

  • Wohlhabende Kaufmannsfamilien hatten vielfach rege Beziehungen zum Ausland. Oftmals studierten ihre Nachkommen an russischen und anderen europäischen Universitäten, orientierten sich an den fortschritt¬ lichen Ideen der damaligen Zeit und setzten sich für eine Eigenständigkeit und nationale Befreiung Bulgariens ein.
  • Das Erwecken und Erstarken eines Nationalbewusstseins, das in die so genannte „Bulgarische Nationale Wiedergeburt“ mündete, führte zum Aufbau eines modernen Schul¬ und Bildungssystems.
  • Die bulgarische Geistlichkeit forderte eine eigene, unabhängige Kirche. Dieser Forderung gab der Sultan 1870 mit einem Erlass statt. Eine besondere Rolle spielte in dieser Zeit der Mönchsdiakon Vasil Levski (1837 – 1873), der „Apostel der Freiheit“. Er rief die bulgarische Bevölke¬ rung zum Widerstand gegen die osmanische Fremdherrschaft auf.
  • Die wachsende Unzufriedenheit der bulgarischen Bevölkerung gegen die osmanische Unterdrückung mündete in die breite Unterstützung der Freischärlerbewegung mit ihrer Leitfigur, dem Dichter Christo Botev (1848 – 1876) und seinem Gefolge.
  • 1876 und 1877 wurden Aufstände von den Osmanen in Orten wie Klisura, Batak, Plovdiv und Karlovo grausam niedergeschlagen, was im westlichen Europa und Russland zu Empörung und Missbilligung führte und ein Grund für den Russisch¬Türkischen Krieg wurde.
  • Gegen die Einmischung der Großmächte in die Angelegenheiten Bulgariens wuchs der Widerstand ständig, wurde in den folgenden Jahren erfolgreicher und ebnete den Weg für eine eigenständige bulgarische Politik.

Eintrag in das Ehrenbuch des Gymnasiums Alexander I. in Plovdiv, 1885

Heute, Staatlichen Alexander-Gymnasiums in Plovdiv im Beisein Seiner Hoheit, dem Fürsten von Nord- und Südbulgarien, Alexander I. und Seiner Eminenz, Bischof Gervasij, Justizminister V. Radoslavov, dem Fürstlichen Kommissar Dr. Stranski und seinen Assistenten Slavejkov und Gruev und dem Vorsitzenden der Volksversammlung (Sobranie) Herrn Stambulov und einer Vielzahl von Offizieren und Bürgern und dem Rektor des Gymnasiums, D. Agura und ges desamden Lehrkörper des Gumnasiums Statt.

Abbildungen mit freundlicher Genehmigung des Stadtarchivs Plovdiv und der Unterstützung von Prof. Dr. Maria Schnitter und PhD Samuil Shivachev von der Universität Plovdiv

Texte zu den Bildern und Gemälden

Unterschrift „Alexander“, 2. Reihe, rechts oben

Historische Ansichtskarte mit dem großen Schulgebäuden rechts oben

Des Interieur der heutigen Schule

Alte Ansicht des Knabengymnasiums “Alexander I.” in Plovdiv

Zu Felerlichkelten wird die historische Schulfahne auch heute präsentiert

Die Aula der heutigen Schule

Die Ära Battenberg im gegenwärtigen bulgarischen Geschichtsunterricht

Darstellung Sandros. Auszugsweise Übersetzung aus einem bulgarischen Schulbuch

Alexander I. Fürst von Bulgariens Regierungszeit von 1879 bis 1886

Nach der Zustimmung des Berliner Kongresses und der Wahl des 22¬jährigen Alexander Prinz von Battenberg zum Fürst von Bulgarien begann Sandros Regierungszeit, die für ihn allerdings unter keinem guten Stern stehen sollte. Die politische Grundeinstellung des Fürsten war konservativ und stand daher im Gegensatz zu der von Russland vorgegebenen liberalen Verfassung. Auch die von Sandro eingesetzte Regierung unter dem Ministerpräsidenten Todor Burmov bestand aus¬ schließlich aus Mitgliedern der konservativen Partei. Die Parteiführer unter Konstantin Stoilov waren ebenfalls der Meinung, dass sich das junge Fürstentum schneller und effizienter aufbauen und organisieren ließe, wenn der Monarch größere verfassungsrechtliche Freiheiten erhielte und die Rechte des Parlaments eingeschränkt würden. Die liberale Partei mit ihren Führern Petko Karavelov und Stefan Stambolov dagegen forderte die Einschränkung der Rechte des Fürsten und die Ausübung der Macht durch das Parlament. Den Liberalen gelang es, die „heilige und unantastbare Verfassung von Tărnovo“ wieder einzu¬ setzen, 1880 gewannen sie die Wahlen zur Volksversammlung.

Die liberale Partei mit ihren Führern Petko Karavelov und Stefan Stambolov dagegen forderte die Einschränkung der Rechte des Fürsten und die Ausübung der Macht durch das Parlament. Den Liberalen gelang es, die „heilige und unantastbare Verfassung von Tărnovo“ wieder einzu¬ setzen, 1880 gewannen sie die Wahlen zur Volksversammlung.

Nach etwa einem Jahr setzte Sandro die liberale Regierung wieder ab, es folgte für zwei Jahre (1881 bis 1883) das so genannte „Regime der Vollmachten“, das auch Unterstützung aus Russland erhielt. Allerdings stieß diese Regierungsform auf Ablehnung bei den Bürgern und den Liberalen, so dass sich Sandro gezwungen sah, die Vollmachten abzu setzen. Damit war die demokratische Regierungsform wieder hergestellt. Die liberale Partei erreichte bei den Wahlen im Jahre 1884 die Mehrheit, die Verfassung von Tărnovo erhielt wieder ihre Gültigkeit.

Als im Jahre 1886 die Vereinigung vom Fürstentum Bulgarien mit Ost¬ rumelien gelang, war das ein großer Erfolg für Sandro, aber gleichzeitig ein weiterer Schritt zu seiner endgültigen Entfremdung mit dem russischen Zar, denn dieser war der Überzeugung, dass Sandro der eigentliche Grund für den geschwächten Einfluss Russlands in Bulgarien war. Diese verschlechterten Beziehungen führten zu großen Meinungs¬ verschiedenheiten unter den politischen Kräften in Bulgarien. Auf der einen Seite standen die Nationalisten mit der Devise „Ohne Battenberg – kein Bulgarien“ und auf der anderen, der russenfreundlichen Seite, die Vertreter mit der Losung „Kein Bulgarien ohne Russland“.

In einer Nacht¬ und Nebelaktion wurde Sandro entführt und gezwungen, Bulgarien zu verlassen. Im Gegenzug veranlasste Stefan Stambolov wenige Tage später die Rückkehr des Fürsten nach Bulgarien. Um das Land vor einer inneren und internationalen Zerrüttung zu bewahren, proklamierte Fürst Alexander von Battenberg am 26. August 1886 seine Abdankung und verließ Bulgarien für immer.

Sandro

Alexander Prinz von Battenberg

Ein europäisches Schicksal

Die Ausstellung wurde freundlicherweise von der Stiftung Heiligenberg-Jugenheim zur Verfügung gestellt

organisiert in Bulgarien von der Stiftung Cennosti

Antonina Stoyanova-Vorsitzende

Mitarbeiter:

Projektleiterin – Slava Ivanova

Expertin, Internationale Kontakte – Milena Dimitrova

Medienexpertin – Magdalena Gigova

Organisation – Rumjana Djorgova

Designerin – Ivelina Velinova

Übersetzuung– Ka ramfilka Bakalova

Übersetung – Sasha Livsy

mit der finanziellen Unetrstützung der Gemeinde der Stadt Sofia

Wir danken:

Der Stiftung Heiligenberg-Jugenheim

Gemeinde der Stadt Sofia

den Autoren der Ausstellung:

Dr.Sigrun Comati

Johnny Glover

Olaf Kühn

Prof. Karl Friedrich Listner

Vanessa Novak in Zusammenarbeit mit Thomas Bröning

Desing Dr. Nicol Kruse

Institutionen und Personen, die das Recht zur Reproduktion der Materialien erteilt haben:

Erben der Familie Hartenau

Universität Plovdiv “Paisij Hilendarski”

Universität Southhempton

ULB Darmstadt – TU Darmstadt

Hessisches Staatsarchiv Darmstadt